Interview mit Ambrosius, einem überzeugten Träger schwarzer Kleidung. Das Interview führte Kulturexperte Nowaja Semlja.

Nowaja: Danke, Ambrosius, daß Du dir etwas Zeit für mich genommen hast.

Ambrosius: Mache ich doch gerne. Die meisten Bürger denken doch, daß die schwarze Szene distanziert und unnahbar ist. Stimmt aber nicht. Wenn jemand konkrete Fragen hat, so antworte ich gerne.

N: So richtig dunkel und düster hört sich dein Name nicht an. Bei Ambrosius denke ich eher an Amber, eine hervorragende Duftnote, oder an diesen zartpastellfarbenen goldenen Farbton.

A: Du bist auf dem Holzweg. Die von Dir angesprochene Duftnote heißt Ambra, und wird aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen gewonnen. Da habe ich gleich mal einen Link für Dich: Ambra
Mein Name kommt von der Pflanzengattung Ambrosie. Neulich im Spiegel war ein guter Artikel: Allergiker-Alptraum kommt nach Deutschland. Ihr botanischer Name lautet Ambrosia artemisiifolia.  Sie hat wunderschöne Blüten, ist jedoch hoch allergen. Sie kommt in südlicheren Gefilden vor. Doch wegen der kontinentalen Erwärmung breitet sie sich auch bei uns aus. Ihr Name hat einen griechischen Ursprung und wurde aus a-brotos (unsterblich) abgeleitet.

N: Du bist doch nicht unsterblich, oder?

A: Ich beschäftige mich gerne mit dem Tod. Nachts mache ich gerne ausgedehnte Spaziergänge über Friedhöfe. Ich fühle mich von diesen Orten magisch angezogen. Unsterblich bin ich keineswegs, ich bin genauso vergänglich wie jeder andere auch. Es ist sinnvoll, sich rechtzeitig mit dem Tod zu beschäftigen.
Denke einfach an einen kleinen Baum, der zunächst bemüht ist, kräftig zu wachsen und das Licht des Tages zu erblicken. Für einen sehr langen Zeitraum steht er in der vollen Blüte des Lebens, doch danach beginnt die Phase der Degeneration. Die ersten Äste brechen, das Holz wird morsch, der Baum verfault von innen. Schließlich bricht er an seiner eigenen Last, und gibt als sogenanntes Moderholz zahlreichen Kleinlebewesen einen Unterschlupf. Du siehst also: das Leben geht weiter. Zwar nicht für den gestorbenen Baum, doch für die zahlreichen anderen Kleintiere und Pilze. Vielleicht findet sogar eine Wildkatze einen Unterschlupf in dem hohlen Baumstamm.
Das wichtigste ist jedoch, daß der gestorbene Baum sehr viel Platz macht für weiteres Leben. Dort, wo er gefallen ist, dringt Licht ein, und begünstigt das Wachstum der anderen Pflanzen.

N: Zunächst dachte ich, daß sich Deine Gedanken ausgesprochen trübsinnig anhören. Doch man merkt, daß tief in deinem Innersten durchaus lebensbejahende Gedanken vorhanden sind. Ist Deine schwarze Kleidung nicht ein wenig zu finster für diesen durchaus pragmatischen Lebensstil?

A: Über die Farbe Schwarz könnte ich Dir eine Menge erzählen. Letztendlich hängt es von der Kultur ab. Das Gegenteil, reines Weiß, ist bei uns die Farbe der Hoffnung und der Zukunft. Zur Hochzeit wird fast immer weiße Kleidung getragen. Insbesondere der weiße Schleier zeigt die Reinheit an. In anderen Kulturen gilt die Farbe Weiß als Substanzlos, als Nichtssagend. Ich kenne viele Kulturen, wo die Hochzeit in dunkler Kleidung stattfindet. Es muß nicht immer reines Schwarz sein. So ein tiefschwarz ist für manchen Anlaß durchaus zu dunkel. Es gibt viele schöne Farben, die sich am Ende der Farbskala finden. Violett hat hier eine Sonderstellung, da violette Farben schon immer eine Kennzeichnung der höheren Gesellschaftsschichten waren. Leider ist das Wissen um Violett verlorengegangen. Manchmal wird Violett auch mit Lila verwechselt, was von der Etymologie völlig falsch ist. Weil es gerade so gut paßt, habe ich noch einen Linktip für Dich:
Violett. Dort ist auch erklärt, wieso sich reine Violettfarben so schlecht auf Computerbildschirmen darstellen lassen.

N: Trägst Du immer schwarze Klamotten?

A: Der Grundton ist immer schwarz. Ich habe mich ganz einfach dazu bekannt, schwarz als dominierende Farbe zu erkennen. Es ist jedoch langweilig, sich komplett in schwarz zu kleiden. Am besten wirkt schwarz, wenn Kontrastfarben hinzukommen. Wenn man z.B. fast komplett in schwarz gekleidet ist, sieht es faszinierend aus, wenn unter dem Sweatshirt ein schneeweißer Kragen hervorschaut. Durch diesen hellen Kontrast wirkt das Schwarz viel dunkler, und zugleich dominanter.

N: Bist Du dominant?

A: Keineswegs. Wer mich kennengelernt hat, berichtet von mir als offenen Menschen, der sehr dialogfähig ist. Kommunikation ist mir sehr wichtig. Es ist allerdings richtig, daß eine schwarze Kleidung sofort Respekt verschafft. Hierdurch entsteht eine Rückkopplung, und man tritt selbstsicherer auf.

N: Ich kenne einige Leute, die ihre Nasenspitze ziemlich erhöht tragen.

A: Man darf Selbstsicherheit nicht mit “Nase hoch tragen” verwechseln. Sogenannte Hochnäßigkeit ist für mich unakzeptabel, weil der Träger sofort unnahbar wirkt. Solche Leute wollen einfach nicht angesprochen werden. Zur Selbstsicherheit gehört auch ein offener Blick, und natürlich ein freundliches Lächeln.

N: Was für ein Amulett trägst Du da?

A: Es ist ein Pentagramm. Wobei du wissen solltest, daß es ein positives, also ein lebensbejahendes Pentagram ist. Entscheidend ist, ob die Spitze nach oben oder nach unten zeigt.
Sobald die Spitze nach oben zeigt, übernimmt es eine Schutzfunktion. Es besteht aus insgesamt fünf Spitzen, und die einzelnen Spitzen des Pentagramms stehen für die Grundelemente der griechischen Mythologie. Damals gab es lediglich vier Grundelemente: Luft, Wasser, Feuer und Erde.
Die oberste Spitze gehört deinem Qi, auch Chi genannt. Es ist dein eigener Geist, deine Spiritualität.

N: Findest Du es nicht etwas unpassend, bei dieser Hitzewelle so dunkel angezogen zu sein?
Man sagt doch immer, daß schwarz die Hitze anzieht.

A: Da kannst Du mal sehen, wie lange sich falsche Gerüchte halten. Alleine schon an der Formulierung “man sagt es” erkennst Du den Wahrheitsgehalt. Solange Du es nicht selbst ausprobiert hast, dürfte es Dir schwerfallen, daß Gegenteil zu behaupten.
In der Physik wird gerne von Absorption gesprochen. Kurz übersetzt bedeutet es: “Aufsaugung”.
Und es stimmt: schwarze Klamotten saugen eine Menge positiver Energie auf. Man fühlt sich einfach wohler.
Richtig ist auch, daß der sichtbare Teil des Lichtes aufgesaugt wird. Sprechen wir lieber von absorbiert, denn “aufsaugen” hört sich an, als würde ein kleiner Vampir sprechen.
Die Wärme wird allerdings von dem unsichtbaren infraroten Strahlungsanteil veruracht. Wärme, oder auch Sommerhitze, ist infrarote Strahlung. Diese hat mit dem sichtbaren Spektrum des Sonnenlichts nichts zu tun.

N: Hört sich ziemlich technisch an.

A: Ist doch ganz einfach. Es gibt sichtbares Licht, denke einfach an alle Regenbogenfarben, oder von mir aus auch an reinstes Weiß, und es gibt unsichtbares Licht, die sogenannte Wärmestrahlung (thermische Energie). Von dem Aussehen eines Körpers - oder auch der Kleidung - kannst Du überhaupt keinerlei Rückschlüsse ziehen, wie sich die Kleidung thermisch verhält.
Was meinst Du, wieso Beduinen in der Wüste schwarze (oder zumindest dunkelbraune) Kleidung tragen?
Hierfür gibt es zwei Gründe: zum einen werden die schwarzen Klamotten nicht so schnell schmuddelig, und zum anderen Reflektieren sie die Hitze. Man mag es kaum glauben, wenn man es nicht selbst probiert hat. Schwarze Kleidung ist in der Lage, einen Großteil der Hitze zu reflektieren. Sie schluckt ganz einfach das schädliche Infrarotlicht, entzieht ihm durch Energiewandlung seine Hitze, und läßt es erst gar nicht an die Haut kommen. Weil es gerade so gut paßt, habe ich hier noch einen Linktip für Dich:
Schwarz - eine physikalische Betrachtung der Farbe Schwarz

N: Du könntest Recht haben. Ich habe ein schwarzes Leinenhemd, damit schwitze ich selbst im Sommer nicht.

A: Wobei anzumerken ist, daß schwarze Klamotten möglichst in mehreren Lagen getragen werden sollten. Nichts sieht schlimmer aus wie ein dünnes T-Shirt, wo sich alles drunter abzeichnet. Wenn Du die Kleidung in mehreren Schichten übereinander trägst, bist Du viel besser gegen die Sommerhitze isoliert. Selbstverständlich geht so etwas nicht in Acrylklamotten, da diese kaum Atmungsaktiv sind. Mit Naturkleidung (Baumwolle, Schurwolle, Mohair, Leinen) hast Du diese Probleme nicht. Zudem verändert sich Dein Habitus und Deine gesamte Statur. Wenn Du ordentlich gekleidet bist, wirkst Du einfach viel besser und entschlossener.

N: Überträgt sich deine Vorliebe für schwarze Kleidung auf die alltäglichen Kleinigkeiten?

A: Ja sicher doch. Es mag sich zunächst ein wenig zielgerichtet anhören, von mir aus auch herbeigeredet. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, wo man nicht nur schwarze Kleidung trägt, sondern seine gesamte Denkweise schwarz wird. Wenn ich ein kühles Bier trinke, dann ausschließlich Schwarzbier. Ich mag es einfach wegen seinem höheren Stammwürzegehalt.

N: Trinkst Du deinen Kaffee ebenfalls schwarz?

A: Kaffee muß schwarz sein, so wie meine Seele. Früher, so kurz nach der Konfirmation, mochte ich Kaffee überhaupt nicht. Also habe ich Unmengen von Zucker reingeschüttet, und sehr viel Milch. Als an einem Wochenende mal keine Milch da war, mußte ich ihn zwangsläufig schwarz trinken. Ich war erstaunt, denn er hat gar nicht mal so bitter geschmeckt, wie ich es in Erinnerung hatte. Seitdem trinke ich meinen Kaffee nur noch tiefschwarz. Bei Espresso ist es ähnlich. Wenn man Zucker oder Milch hinzugibt, muß man zwangläufig umrühren. Hierdurch wird die schöne Crema zerstört.

*** Fortsetzung folgt ***

 

Auf dem Bild ist Ambrosius beim Genuß eines kräftigen Schwarzbiers zu sehen. Er trinkt gerne wohltemperiertes Schwarzbier. Es darf nicht zu kalt sein. Trotz der Sommerhitze trägt er einen schwarzen Catsuit aus Schurwolle mit Flammenmuster.

Ambrosius im schwarzem Islandpullover mit Schwarzbier

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