Wie läßt sich bei Baßgitarren ein drückender Sound vermeiden? Der Effekt ist schon länger bekannt, wird auch als gestauchter Klang bezeichnet und ensteht durch den sogenannten
Frequenzbeugungseffekt.
Die in der Fachwelt als enharmonische Verstimmung bekannte Stauchung - vornehmlich in tiefen Oktavlagen - wird durch unsere westliche wohltemperierte Stimmung begünstig. Bei einer reinen Stimmung,
oder auch bei den pythagorischen Orgelstimmungen (Kirchbacher usw.) gibt es diesen Effekt nicht. Doch auch die reinen Stimmungen sind keine akzeptable Lösung, da sie sich u.a. für die Entstehung der Wolfsquinte verantwortlich
zeigen. Die Wolfsquinte entsteht insbesondere bei höheren Lagen wie z.B. Gis-Dis.
Ein regelmäßiges Stimmen der Bassgitarre trägt nicht zur Problemlösung bei. Hauptverantwortlich ist die hohe Spannungskraft der Saiten.
Hierdurch wird der Steg mechanisch belastet und verkürzt sich. Die Längenschrumpfung ist zwar meßtechnisch nur gering und mit einem Zentimetermaß kaum zu kontrollieren. Wegen der Steggeometrie ist insbesondere das Ende - dort wo
bei einem regulären Baß die Stimmknebel sind - betroffen.
Bei einem Fretless-Bass (also ohne Bünde) kann dieser Effekt nicht auftreten. Hiervon sind nur Bässe mit Bünden betroffen.
Als Abhilfe ist die regelmäßige und
konsequente Dehnung des Steges sinnvoll. Ähnlich wie ein Hochleistungssportler regelmäßig Dehnungsübungen vollzieht, muß der Gitarrenhals regelmäßig gedehnt werden. Von mehreren etablierten Musikern wird empfohlen, einmal pro Woche
diese Dehnungsprozedur zu vollziehen.
Mit der entsprechenden Routine ist es schnell gemacht. Hierzu müssen die Saiten abgezogen werden. Bei dieser Gelegenheit können sie gleich von den gröbsten Verschmutzungen gereinigt
werden. So sollte das Hautfett und feine Hautschüppchen entfernt werden.
Mit einem milden Spülmittel und einem Leinen-Geschirrhandtuch geht es am besten.
Wenn die Saiten abgezogen sind, empfiehlt sich eine optische
Kontrolle der Bünde auf Vertiefungen etc. und ebenfalls eine milde Reinigung.
Vor dem eigentlichen Dehnungsprozeß muß das Holz eingeweicht werden. Dabei muß er ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen, darf aber nicht zu naß werden. Es wird empfohlen, den Steg mit
einem feuchten baumwollenen Tuch einzuwickeln. Am besten über Nacht, damit genug Feuchtigkeit aufgenommen wird und das Holz sanft quellen kann. Die Temperatur sollte bei ca. 17 Grad Celsius liegen, also Zimmertemperatur. Es darf
nicht zu warm sein, denn sonst besteht die Gefahr einer zu schnellen Trocknung, wodurch feine Haarrisse entstehen können. Zum Einweichen empfiehlt sich ein Wickelverband z.B. aus Baumwolle.
Der Baumwollwickel wird am
besten zweilagig ausgeführt, um eine unkontrollierte Verdunstung zu vermeiden. Die erste Schicht wird aus einem Baumwollwickel gemacht. Er sollte feucht, aber nicht naß sein. Von einem befreundeten Musiker hörte ich, daß er als
erste Lage einen Leinenwickel verwendet. Dieser zieht sich bei der Trocknung zusammen und bewirkt so einen hohen Kompressionsdruck. Hierdurch wird die Feuchtigkeit regelrecht in das Holz gedrückt, was eine gute Tiefenwirkung
bewirkt. Je höher die Grundfeuchte im Holz, desto wärmer ist der Klang, weil parasitäre Schwingungen und unharmonische Obertöne unterdrückt werden.
Über den ersten Wickel kommt ein zweiter Wickel aus wasserundurchlässigem
Material. Wenn nichts anderes vorhanden ist, reicht eine dünne Frischhaltefolie. Für den Profi empfiehlt sich hingegen schwarze Stretchfolie, wie sie z.B. in guten S/M-Studios bzw. von
professionellen Dominas verwendet wird.
Bezugsquellen siehe google: Bondagefolie
Da ich meinen Lieblingsclub regelmäßig besuche, konnte ich von Jutta eine kleine Restmenge sehr günstig erwerben.
So etwas sieht gleich viel besser aus. Denn man muß ja immer damit rechnen, daß unangemeldet seine Musikerkollegen vorbeikommen. So ein beiger Baumwollwickel sieht einfach nur uncool
aus. Wenn der Bass hingegen in schwarzer Stretchfolie eingeschnürt ist, sieht es gleich viel besser aus.
Am nächsten Morgen werden die beiden Wickel entfernt. Das Holz sollte inzwischen gut durchgefeuchtet sein. Hierdurch
ist es in Längsrichtung besonders elastisch und kann gut gestreckt werden. Hierzu muß der Korpus fest in eine stabile, massive und schwere Werkbank eingespannt werden. Um Kratzschäden zu vermeiden, empfiehlt sich eine weiche
Polsterung. Die Bassgitarre muß unbedingt ausreichend fest eingespannt sein, um beim folgenden Dehnungsvorgang eine Transversaldrehung zu vermeiden. Eine Transversaldrehung oder eine unsymmetrische Biegung verursacht einen
ungleichmäßigen Höhenabstand der Bünde, so daß ein unangenehmes metallisches Schnarrgeräusch entstehen kann, insbesondere bei hartem Anschlag mit dem Plektrum bzw. bei knackiger Slap-Spielweise.
Am Halsende muß eine stabile
Haltevorrichtung montiert werden. Hierzu empfehlen sich Fessel-Utensilien, da sie zum einen sehr stabil sind, im Gegenzug aber auch ausreichend gepolstert. Der eigentliche Spann- und Dehnungsvorgang ist mit Zurrgurten möglich.
Hierbei darf nicht ruckartig gespannt werden, sondern ganz sanft und sukzessive. Die Dehnungsdauer ist entscheidend, nicht der Kraftaufwand. Lieber mit weniger Kraft, aber mit mehr Zeit und Sanftmut arbeiten. Der Bass
sollte in gedehntem Zustand eingespannt werden und trocknen. Während der Trockenzeit empfiehlt es sich, mit sanft kreisenden Bewegungen farbneutrales Holzbalsam einzumassieren. Je liebvoller die Handhabung, desto sanftmütiger ist
der erzielte Gesamtklang. Für die Musikrichtungen Hardrock, Heavy-Metal und Blackmetal sollte kein Holzbalsam verwendet werden, sondern klassisches Olibanum. Eine Aufrauhung der Saiten mit Kolliphonium ist empfehlenswert. Der
Zeitaufwand macht sich bezahlt, denn der Gesamtklang wird knackiger, der Attack bissiger, und es entsteht mehr Durchsetzungsfähigkeit im Mix.
Insbesondere das Olibanum bewirkt durch sein hohes Speichervermögen für
Schwingungseinheiten einen verlängerten Sustain.